Franz Anton Kraus
1705 Söflingen bei Ulm – 1752 Maria Einsiedeln, Schweiz
Darbringung im Tempel
Franz Anton Kraus wurde in Söflingen bei Ulm geboren. Seine Lehrjahre verbrachte er in Ulm und Augsburg. Danach führten ihn Studienaufenthalte nach Italien, u. a. nach Venedig, wo er mehrere Jahre in der Werkstatt von Giovanni Battista Piazzetta tätig war. Um 1731 brach Kraus in Richtung Frankreich auf, zunächst nach Paris, später hielt er sich längere Zeit in Langres, Dijon und Lyon auf. Ab 1745 arbeitete Kraus überwiegend in der Schweiz, 1749-1751 in Wien. Zu seinen Hauptwerken gehört die Klosterkirche von Einsiedeln, wo er nicht nur Fresken, Hoch- und Seitenaltarbilder geschaffen hat, sondern auch als Architekt für den Umbau des Chores zuständig war.
Nach jüdischem Gesetz muss 40 Tage nach der Geburt eines Sohnes ein Reinigungsopfer (Tauben etc.) erbracht werden. Damit verbunden ist die Erstgeburtsweihe, die den als Eigentum Gottes angesehenen erstgeborenen Sohn durch ein Geldopfer auslösen sollte. Das Lukasevangelium (LK. 2, 22-38) beschreibt den Moment, als Maria und Joseph im Tempel diesem Gesetz Folge leisten. An der Zeremonie nehmen die Propheten Hanna und Simeon teil.
Kraus lässt den Propheten Simeon in einer Tempelnische das Jesuskind halten, die Augen zum Himmel gerichtet. Er wird von der zu seiner Linken knienden Maria und der Prophetin Hanna umrahmt. Im Vordergrund hält Joseph, als kniende Rückenfigur gemalt, einen Käfig mit Tauben als Opfer für die Armen. Im Hintergrund ist ein Hoher Priester im Gespräch mit einem vornehm gekleideten Mann zu sehen.
Die sorgfältige Ausführung deutet darauf hin, dass es sich hier nicht um einen Entwurf, sondern um ein eigenständiges Bild handelt. Dafür spricht auch die Zugehörigkeit zu einer Folge von Rosenkranzbildern. Anhand der sechs erhaltenen bzw. derzeit bekannten Darstellungen lässt sich auf einen ursprünglich 15 Bilder umfassenden, in den schmerzhaften, freudenreichen und glorreichen Rosenkranz unterteilten Zyklus schließen. Die „Darbringung im Tempel“ gehört zum sog. freudenreichen Rosenkranz, während ein zweites Gemälde in der Sammlung Reuschel mit der „Geißelung Christi“ dem schmerzhaften Rosenkranz zugeordnet werden kann. Möglicherweise ist die gesamte wohl zwischen 1745 und 1752 zu datierende Folge für das Kloster Einsiedeln entstanden.