Odysseus und Circe

Die Ölskizze und ihr Gegenstück (Rl 63) greifen Ereignisse aus dem Leben des griechischen Heroen Odysseus auf, die in der „Odyssee“ niedergeschrieben sind, einem der ältesten und bedeutendsten Werke der abendländischen Literatur. Odysseus landete auf der Heimreise auf der Insel Aiaia. Ein Teil seiner Mannschaft unter Führung des Eurylochus erkundete die Insel und traf auf die Zauberin Circe, die die Männer freundlich einlud, bei ihr zu speisen. Sie vermischte jedoch ein Gericht mit betörenden Kräutern, verwandelte die Männer in Schweine und sperrte sie in einen Verschlag. Lediglich Eurylochos entkam diesem Schicksal. Er eilte zu Odysseus zurück, um diesem unter Tränen die traurige Nachricht zu überbringen. Dieser ergriff seine Waffen und machte sich auf den Weg zu Circe. Unterwegs traf er auf den Götterboten Hermes, der ihm von der Verwandlung seiner Gefährten in Schweine berichtete und ihm außerdem ein Gegenmittel mitgab, damit er nicht ebenfalls von der Zauberin verwandelt werden würde. Dadurch gelang es Odysseus, Circe mit dem Schwert so lange zu bedrohen, bis sie schwor, ihm nichts mehr anzutun. Circe erkannte in Odysseus den ihr prophezeiten Helden und verwandelte daraufhin die verzauberten Gefährten wieder zu Menschen.
In der Bildmitte steht Odysseus mit gezücktem Schwert und weist mit gebieterischer Geste die Zauberin an, seinen Gefährten die ursprüngliche Gestalt wiederzugeben. Kirke fällt ihm flehend um den Hals, während sich zu Füßen der Hauptfiguren zwei Schweine tummeln. Stilistisch lässt sich keine spezifische Handschrift erkennen, so dass der Maler dieser Ölskizze wie auch des zugehörigen Pendants vorläufig nicht identifiziert werden kann. Der skizzenhafte Charakter deutet darauf hin, dass es sich dabei möglicherweise um Entwürfe handelt, doch kann über die Form der möglichen Ausführung – Gemälde, Wandmalerei, Tapisserie, Druckgrafik – nur spekuliert werden.