Venezianisch (?)
Flucht nach Ägypten
Die Flucht nach Ägypten stellt eine Episode aus der Kindheitsgeschichte Jesu dar (Mt 2,13-23). Nach der Abreise der Heiligen Drei Könige erschien Joseph im Traum ein Engel, der ihn aufforderte, mit seiner Familie nach Ägypten zu fliehen, um den Schergen von Herodes zu entkommen.
Die in ausgeprägter Unteransicht angelegte Ölskizze zeigt die Hl. Familie zusammen mit einem Begleiter auf der Flucht. Das Kind sitzt in einem auf dem Esel festgezurrten Korb und blickt auf Joseph und Maria herunter. Die Gottesmutter in rotem Gewand und blauem Mantel steht als Profilfigur am rechten Bildrand und scheint heftig mit Joseph zu diskutieren. Dieser hält in seiner Vorwärtsbewegung inne und dreht sich zu Maria um. Links im Hintergrund führt ein Knecht den Esel. Ein Erdwall im Vordergrund verdeckt den unteren Bereich der Beine der Figuren und des Esels.
Die Darstellung ist in mehrerlei Hinsicht sehr ungewöhnlich. Erstens wird in der Regel das Kind von seiner Mutter, seltener von Joseph, im Arm gehalten. Meist sitzt Maria mit dem Kind auf dem von Joseph geführten Esel. Für eine derartige Formulierung des Themas, bei der das Kind alleine in einem Korb sitzt und Joseph und Maria gestikulierend nebenher gehen, gibt es keine Quelle, auch nicht in den Apokryphen Kindheitsevangelien. Ebenso wenig scheint eine bildliche Überlieferung dieser Szene bekannt zu sein.
Rätselhaft bleibt auch der Maler dieser ungewöhnlichen Darstellung, die mit breiten Pinselstrichen schnell und sicher angelegt ist. Die bisherige, allerdings mit einem Fragezeichen versehene Zuschreibung an Giovanni Antonio Pellegrini kann nicht aufrehterhalten werden, doch sprechen sowohl die Farbigkeit als auch die malerische Auffassung für einen venezianischen Künstler des 18. Jahrhunderts.